Dienstag, 21. August 2012

Seminar - ja / nein?!

Mit dem Bestehen der Berufsgrunduntersuchung war also die erste Hürde genommen, auch wenn die Freude nur recht kurz andauerte, da direkt im Anschluss an diese anstrengende Testwoche in Hamburg die Klausurenphase wieder begann und zumindest für einen der zwei Leistungskurse gelernt werden wollte...

Nachdem dann soweit auch alle angeforderten Unterlagen wieder an die Verkehrsfliegerschule nach Bremen zurück geschickt worden waren, begann ich dann langsam, die Konsequenzen der bestandenen Berufsgrunduntersuchung zu realisieren: Ich machte mir bereits meine ersten Gedanken zur zweiten Auswahlhürde, der Firmenqualifikation. Dieser zweite Teil des Auswahlverfahrens ist, wie bereits angedeutet, ein Assessment-Center, in dem verschiedene Persönlichkeitsmerkmale der Aspiranten beobachtet und bewertet werden. Nun, da ich ja zu der Zeit noch immer zur Schule ging - 13 Jahre können lang sein - hatte ich natürlich, was solche Arten von Auswahlverfahren angeht, keinerlei Erfahrung vorzuweisen, ich war also in der Hinsicht noch "ziemlich grün hinter den Ohren". Dennoch wusste ich bereits aus einigen Recherchen, dass es kommerzielle Vorbereiter gibt, die Seminare zu solchen Auswahlverfahren anbieten, unter anderem welche, die speziell auf das Lufthansa-Auswahlverfahren zugeschnitten sind. Hierzu zählen beispielsweise ToPilots in Fürstenfeldbruck, S & P in Hamburg, sowie ATTC in Hamburg, München und Frankfurt.

Jetzt stellte sich mir natürlich die Frage, ob ich einen dieser Vorbereitungskurse belegen wollte, oder nicht und das ist durchaus eine Frage, über die man sich ausgiebig Gedanken machen sollte - immerhin ist die Chance darauf, einen Platz für die Pilotenausbildung bei der Lufthansa zu erhalten, verschwindend gering und auf das Leben gesehen eine einmalige Gelegenheit, da dieser Test nicht wiederholt werden darf. Somit begann ich also, mich bei jedem dieser Seminaranbieter ausführlich zu informieren und mir selbst darüber klar zu werden, ob ein solcher Kurs nun für mich Sinn machen würde, oder nicht. Auch mit Bekannten und meiner Familie habe ich mich darüber ausführlich unterhalten, sodass ich nach einigem Abwägen den Entschluss gefasst habe, einen solchen Kurs zu belegen. Meine Wahl fiel dabei dann auf das Vorbereitungsteam von ToPilots, nicht nur, weil es mit 899€ das Günstigste war, sondern vor allem deshalb, weil ich auch von Bekannten über diesen Seminaranbieter bereits sehr viel Positives gehört hatte. So kam es dann, dass ich mir eine Seminarwoche für Anfang April 2012 gebucht hatte - verglichen mit meinem FQ-Termin Anfang Juli natürlich reichlich früh, im Nachhinein bin ich jedoch recht froh darüber, da man dort nicht nur Dinge lernt, die bloß für die Firmenqualifikation relevant sind. 

Nichtsdestoweniger möchte ich meine Beweggründe für diese Entscheidung, ein Seminar zu belegen, an dieser Stelle kurz anführen:

1. Wie bereits angeführt, ist die Chance bei der Lufthansa eine einmalige Sache - einmal versagt, ist diese Tür zu, es sei denn, man klopft als fertig ausgebildeter Pilot noch einmal an. Wenn man dies im Hinterkopf hat, dann möchte man natürlich alles tun, um bestmöglich vorbereitet zu den Tests zu erscheinen, vor allem, wenn man noch keinerlei Erfahrungen mit solchen Auswahlverfahren besitzt.

2. Man lernt den Testablauf im Groben schon einmal kennen, sodass man in Hamburg nicht ganz ins kalte Wasser geworfen wird. Natürlich ist die Situation dort noch einmal eine Spur anders, aber es gibt einen gewissen Wiedererkennungswert, der für den ein oder anderen vielleicht durchaus von Vorteil ist.

3. Dadurch, dass man den Ablauf im Groben kennt und nichts gänzlich Neues getestet wird, geht man selbstbewusster und ruhiger an die eigentlichen Tests heran und kann sich besser auf die Aufgaben an sich konzentrieren.

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung dann auch relativ zügig gefallen, sodass ich in der ersten Woche meiner Osterferien, während andere Menschen fleißig für ihr Abitur gelernt haben, im Flugzeug nach München saß, um mich mit Auswahlhürden zu beschäftigen. Manch einer mag jetzt vermuten, dass ich vor meiner Abiturvorbereitung geflohen bin - das möchte ich an dieser Stelle dann doch ganz gerne dementieren!

Wie dem auch sei, insgesamt gliederte sich das Seminar bei ToPilots in fünf verschiedene Teile, den Wochentagen entsprechend:


Am Montag begannen wir mit einer kurzen Vorstellung, wie das Seminar ablaufen sollte und nach kurzen Rückfragen ging es auch direkt mit der ersten Trainingsrunde los: Ein Gruppenspiel stand auf dem Plan, bei dem wir mit 5 Leuten eine Aufgabe zu bearbeiten hatten. Jeder hatte natürliche individuelle Ziele und es gab ein Gruppenziel - alle Ziele sollten natürlich erreicht werden. Dass das mit 5 Leuten und somit auch 5 Meinungen innerhalb eines gesetzten Zeitrahmens nicht allzu einfach ist, kann man sich wahrscheinlich denken... Entsprechendes und vor allem auch ausführliches Feedback folgte dementsprechend, sowohl Gruppenfeedback, als auch Feedback für jeden Einzelnen aus unserer Gruppe, sodass wir allesamt erst einmal beschäftigt waren. Wer hätte gedacht, dass man unbewusst so viele Fehler machen kann?!
Nach dem Feedback folgte dann die Einweisung in einen der beiden Computertests, den DCT [= Dyadic Cooperation Test]:



©: Skytest



Das Ziel ist es, gemeinsam mit einem Partner die 4 Straßen innerhalb eines gewissen Zeitrahmens optimal mit Gewichten [-> Tabelle!] zu beladen und möglichst viele Punkte zu sammeln.
Nach der Einweisung und einer wohlverdienten Mittagspause ging es dann weiter mit Streitgesprächen. Jeder der Seminarteilnehmer bekam eine Konfliktsituation, die nach 10 Minuten Vorbereitungszeit mit einem Psychologen als Gesprächspartner geklärt werden sollte - natürlich vor der gesamten Gruppe, da so der Lerneffekt für alle am größten war.

Am Dienstag wurden dann weitere Streitgespräche geführt, natürlich auch immer mit ausführlichem Feedback. Darüber hinaus gab es für uns alle die Einweisung in den Simulator-Test, den wir dann nach eigenem Ermessen üben konnten, wann immer wir die Zeit dafür fanden. Nach der Mittagspause fanden zwei Gruppenspiele statt, wobei die pausierende Gruppe sich parallel mit dem DCT oder SIM beschäftigt hat.

Am Mittwoch folgte dann das, vor dem wir uns alle gefürchtet hatten - das Interviewtraining. Zum Glück habe ich es an dem Tag geschafft, mein Interview für den Folgetag zu bekommen - wollte ich doch lieber noch ein Gruppenspiel machen, da meine Leistung dort eher etwas schlechter als gewünscht war. In der freien Zeit wurde natürlich immer weiter fleißig für den DCT oder den SIM trainiert, zumal, da zum Abschluss ein "Checkflug" im SIM anstand.

Donnerstag war dann der Tag der Abrechnung - Zeit für das Interview. Dieses Gespräch ist schon arg unangenehm, hier lernt man echt, dass es immens wichtig ist, seine eigenen Stärken und Schwächen, sowie die Motivation genau zu kennen - sei es auf eine angenehme Art und Weise oder eben auf die harte Tour, wenn man sich in der Hinsicht noch nicht wirklich vorbereitet hat. Jedenfalls wusste ich danach definitiv, was ich noch aufzuarbeiten hatte - so auseinandergenommen wurde ich schon lange nicht mehr!

Dem entgegen stand dann der Checkflug im SIM am Freitag, der ganz hervorragend war, sodass ich zumindest in diesem Teil des Tests keine besonderen Defizite aufzuarbeiten hatte.

Aber was habe ich denn nun aus diesem Seminar gelernt?!

1. Authentisches Auftreten ist das Wichtigste - wer sich verstellt, der fliegt! Und zwar nicht im Cockpit...

2. Ein Seminar ersetzt niemals eine eigene Vorbereitung - es dient als Ergänzung dazu!

3. Wer wirklich alles, was man im Seminar gesagt bekommt, ernst nimmt, der verstellt sich automatisch und sei es auch nur in der Hinsicht, dass man sich dann besonders korrekt gibt. Jeder sollte für sich selbst entscheiden, was man von einem solchen Seminar mitnimmt - alles für bare Münze zu nehmen kann schnell nach hinten losgehen!

In diesem Sinne ging es dann auch nach einer anstrengenden, aber lehrreichen Woche wieder gen Heimat, natürlich mit der Lufthansa! Jetzt stand dann erst einmal Lernen an, schließlich wollten noch ein paar Abiturklausuren geschrieben werden...

Happy landings!

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