Dienstag, 28. August 2012

Runde 2 - Die Firmenqualifikation

Das Abiturzeugnis in den Händen, der Abiturball vorüber - mit jedem dieser Ereignisse am Ende meiner schulischen Laufbahn rückte der Termin für meine Firmenqualifikation immer näher. Es sollte der 5. und hoffentlich auch 6. Juli werden, also saß ich knapp zwei Wochen nach der feierlichen Zeugnisausgabe im Flugzeug nach Hamburg, um die nächste Hürde des Auswahlverfahrens für die Deutsche Lufthansa zu bestreiten.

Zusätzlich zum Seminar, über welches ich bereits berichtet habe, haben wir uns Ende Mai mit insgesamt 6 Leuten, die für Juni oder Juli einen FQ-Termin bekommen haben, zusammengesetzt, um den gesamten Testablauf einmal gemeinsam durchzuspielen. Bedingt durch die Tatsache, dass ich bereits im Voraus ein Seminar besucht habe, habe ich dann des Öfteren auch mal die Psychologenrolle übernommen, was dazu geführt hat, dass ich den gesamten Ablauf auch einmal aus einer anderen Perspektive sehen konnte - in meinen Augen wirklich eine interessante Erfahrung. So haben wir also drei Tage lang Streitgespräche und Gruppenspiele simuliert, sowie Interviews geführt, in denen so manchem von uns ordentlich auf den Zahn gefühlt wurde, bis jeder von uns das Gefühl hatte, sich nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet zu haben. Für mich selbst war diese Art der Vorbereitung als Ergänzung zum Seminar gedacht, eine Art Generalprobe, ob ich die Sachen, die ich im Seminar gelernt habe, auch umsetzen konnte und in dieser Hinsicht war ich auch recht zufrieden mit mir - nur am Interview wurde bis zur letzten Minute gefeilt.

Am 4. Juli war es dann soweit, auf nach Hamburg! Am Flughafen angekommen habe ich dann noch zwei Mitstreiter für die folgenden Tage getroffen, mit denen es auch recht zügig in Richtung Hotel ging. Nach einigen Einkäufen holten wir noch eine sehr gute Freundin von mir am Flughafen ab, die für die Dauer der Tests mit mir nach Hamburg gekommen war - wahrlich ein Gefallen, den ich nie vergessen werde, danke dafür, Annika!
Abends sind wir dann alle gemeinsam beim Griechen essen gegangen, zusammen mit zwei Testteilnehmern vom Vortag, von denen ich einen aus unserer Vorbereitungsgruppe aus Düsseldorf kannte. Alleine die Tatsache, dass lediglich 3 von 10 Teilnehmern den Sprung in den zweiten Tag geschafft hatten, flößte uns dann noch einmal eine gehörige Portion Respekt vor den kommenden Tagen ein, sodass es dann auch relativ früh zurück ins Hotel ging, um fit für den nächsten Morgen zu sein...

5. Juli, 6:00 Uhr morgens - Tag der Entscheidung

Nach einer eher unruhigen Nacht ging es zum Frühstück, bei dem keiner von uns wirklich zugreifen konnte, die Anspannung stand uns allen ins Gesicht geschrieben. Man führe sich nur einmal vor Augen, dass knapp 10 Stunden später der Traum vom Fliegen für einige von uns zumindest bei der Lufthansa für immer vorbei sein würde - da fühlt man sich doch erst einmal etwas eigenartig...
Pünktlich um 8:00 Uhr standen dann 10 piekfeine junge Männer im Warteraum des DLR, gespannt darauf, was die kommenden Minuten und Stunden bringen würden. Zunächst ging es in einen Nebenraum, in dem uns von unserer Testleiterin der Ablauf des Tages vorgestellt wurde, bevor unser Auswahlkapitän uns die "Schablone" erläuterte, durch die wir passen müssten, um zum Lufthansa-Konzern zu passen. Nach dieser Einleitung wurden wir noch einmal kurz in den Warteraum gebeten, bevor es für die eine Hälfte ins Streitgespräch ging, während der Rest zur DCT-Einweisung gebeten wurde. Für mich ging es direkt ins Streitgespräch, zu allem Übel auch noch als erster! Wie dem auch sei, später können wir auch nicht wählen, wann wir wohin fliegen wollen, von daher - keep cool! Somit begann für mich auch direkt die Vorbereitungszeit, nach deren Ende ich von einer Psychologin abgeholt und in den Testraum geführt wurde. Das Gespräch dort lief meines Erachtens sehr gut, wichtig ist wirklich, dass man auf das Gegenüber eingeht und eine Bandbreite an Argumenten etc. parat hat, ansonsten kommt man hier nicht sonderlich weit. Darüber hinaus sollte man auch bedenken, dass es niemals eine Universallösung geben kann, oftmals kann auch schon der Weg das Ziel sein.
Nach dem Streitgespräch wurden die Gruppen dann getauscht, sodass als nächstes die DCT-Einweisung auf dem Programm stand, ganz zu schweigen von den großen Wartezeiten zwischen den einzelnen Tests. Darauf folgte dann mein erstes Gruppenspiel, in dem ich mir selbst noch ein wenig zu passiv vorkam, wobei wir als Gruppe wirklich gut zusammengearbeitet haben. Nichtsdestoweniger sind wir dennoch nicht fertig geworden...

1 Stunde Mittagspause - ab zum Bäcker

Nach der Mittagspause folgte dann der DCT, oder auch Straßenbeladetest. Die Einzeldurchgänge liefen dann auch mehr oder weniger gut, die Teamdurchgänge waren etwas durchwachsen - insgesamt durchschnittlich, hätte definitiv besser sein können. Im Anschluss daran folgte dann das letzte Gruppenspiel, was auch bei mir wesentlich besser lief als das erste, sodass ich dort mit einem guten Gefühl den Raum verlassen konnte. Nach diesem Test folgte erneut der längste und schlimmste Bestandteil des Auswahlverfahrens - das Warten...
Geschlagene zwei Stunden saßen wir im Warteraum und bangten um die Ergebnisse, bevor es dann gegen 17.30 Uhr so weit war, der erste aus unserer Gruppe wurde aufgerufen und der Daumen ging nach oben - Simulator um 8.45 Uhr. Für die verbleibenden 9 Leute bedeutete dies: Mindestens zwei weitere Kandidaten durften am nächsten Tag wiederkommen. Nach 3 weiteren Kandidaten, von denen jeder ein "Nein" mit auf den Weg bekam, war es dann so weit, ich war an der Reihe. In diesem Moment kommt einem der Flur einfach nur endlos lang vor und die Gedanken rasen - was ist, wenn es nicht gereicht hat?!

"Ja, Herr M. - der Daumen geht nach oben! Simulator um 7 Uhr und frühstücken Sie gut!"

 "Gott sei Dank, ich darf weiterträumen!", dachte ich mir, bedankte mich und trat den Rückzug in Richtung Warteraum an.


Nach mir gab es dann allerdings auch nur noch eine weitere Zusage für den kommenden Tag, sodass die Statistik nach dem ersten Tag gar böser Natur ist:

Angetreten: 10 [4x Seminarvorbereitung -> 3x ToPilots, 1x ATTC]
Nach Tag 1: 3 [2x Seminarvorbereitung -> 2x ToPilots]

Nach ein paar kurzen Telefonaten und SMS in Richtung Familie und Freunden mit dem Hinweis, dass die Hoffnung auf einen Cockpitplatz bei der Lufthansa noch immer existiert, ging es dann abends erneut zum Griechen - besonderen Respekt haben sich die Leute verdient, die trotz des Ausscheidens mit uns essen gegangen sind, das passiert wirklich nicht oft, also Hut ab, Ihr habt das echt mit Fassung getragen!

6. Juli, 5 Uhr morgens

Man sieht, es wird immer früher... Trotz der Uhrzeit war ich jedoch hochmotiviert, immerhin durften wir jetzt zum ersten Fall ansatzweise fliegerische Fähigkeiten im Simulator unter Beweis stellen, ein Test, auf den ich mich ganz besonders freute! Nach einigen Einweisungen und Probedurchläufen, in denen wir uns mit der Instrumentierung vertraut machen konnten, ging es dann ans Eingemachte - die 3 Testdurchgänge standen an. Ich kann nur sagen, dass der Test wahnsinnig viel Spaß macht und mit einer vernünftigen Motorik, sowie Mehrfachbelastbarkeit wirklich gut zu meistern ist! Entsprechend gut war auch mein Gefühl nach diesem Test, ich habe keinerlei große Fehler bemerkt, lediglich die Stoppuhr hat sich mir an zwei Stellen widersetzt, sodass ich mir insgesamt eine glatte 2 gab.
Vor diesem Hintergrund wollte ich mir im Warteraum noch einmal kurz meine Notizen ansehen und mich gedanklich auf das Interview vorbereiten, doch nach einem kurzen Schluck Wasser wurde ich, gerade meine Notizen in der Hand haltend, wieder abgeholt:

"Herr M., folgen Sie mir bitte, wir möchten jetzt das Interview mit Ihnen führen!"

Mit einem letzten sehnsüchtigen Blick in Richtung Notizen und den Erfolgswünschen meiner zwei Mitstreiter ging es dann zum vorletzten Mal durch den endlos langen Flur in den Interviewraum, stets mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass das nun folgende Gespräch über meine berufliche Zukunft entscheiden würde...
An der Stelle muss ich wirklich sagen, dass sich die Vorbereitung in Form von Seminar, Interviewsimulationen, etc. wirklich gelohnt hat - das Interview lief wirklich gut, wirklich in die Ecke gedrängt wurde ich auch nicht, sodass es insgesamt wirklich ein recht harmonisches Gespräch war. Dennoch konnte ich hinterher nicht mit Bestimmtheit sagen, wie das Ergebnis denn nun aussehen würde, was ich nach erneutem Warten entgegen nehmen durfte... Man fühlt danach erst einmal gar nichts, so viel, wie man dort gefragt wird und erzählt, doch nach knapp zwei Minuten hatte das Warten ein Ende, Gedanken zu einem möglichen Ergebnis konnte ich mir somit zum Glück nicht großartig machen.

Ein letztes Mal ging es über den Flur, rein in den Interviewraum - kein Glückwunschschreiben auf dem Tisch... "Bitte nicht!", dachte ich mir nur, als ich gebeten wurde, noch einmal kurz Platz zu nehmen.

"Ja, Herr M. - wir wollen Sie nun nicht länger auf die Folter spannen, herzlichen Glückwunsch!" 

Bis ich realisiert hatte, was der Kapitän mir damit mitteilen wollte, hat es dann doch einen kurzen Moment gedauert, einen Moment, den ich nie vergessen werde. Das Gefühl ist echt unbeschreiblich, wenn man es schwarz auf weiß bekommt, dass alle Hürden der vergangenen Tage genommen wurden und lediglich die medizinische Untersuchung aussteht, bevor sicher ist, dass man einen Schulungsplatz an der LFT in Bremen zugesagt bekommt. Nach diesem Ergebnis war ich natürlich vor lauter Freude völlig aus dem Häuschen und bin direkt in den Warteraum gerannt, wo ich überschwänglich von meinen zwei Mitstreitern beglückwünscht wurde. Es ist wirklich einmalig, wie sehr sich andere Menschen in so einer Situation mit einem freuen können - auch das werde ich sicherlich nicht vergessen!


Anschließend ging es dann direkt nach draußen, um auch die Familie und Freunde davon in Kenntnis zu setzen, dass man es tatsächlich geschafft hatte - im kommenden Jahr sollte ich doch tatsächlich die Pilotenausbildung bei der Lufthansa beginnen können, natürlich vorausgesetzt, dass beim Medical keinerlei Probleme festgestellt werden.

Von den beiden Kandidaten nach mir hat dann leider nur noch einer die Zusage bekommen, sodass die endgültige Statistik so aussieht:

Angetreten: 10 [4x Seminar]
Nach Tag 1: 3 [2x Seminar]
Nach dem SIM: 3 [2x Seminar]
Nach dem Interview: 2 [2x Seminar]

Nach einem gemeinsamen Abschiedsessen im Vapiano in der Stadt ging es dann für Tobi, Annika und mich zum Flughafen, von wo aus wir unsere Heimreise antraten: Annika per Mitfahrgelegenheit, Tobi per Bahn, nachdem durch einen Radarausfall die Flüge nach Frankfurt gestrichen wurden, und ich per Flugzeug.

Zu meinem Glück durfte ich sogar vorne im Cockpit gen Heimat fliegen - ein Erlebnis, was ich mit Sicherheit auch niemals vergessen werde, genauso, wie ich die letzten zwei Tage niemals vergessen werde. Jetzt stand also nur noch das Medical an, wofür ich mich am folgenden Montag um einen Termin bemühen musste - es sollte der 18. Juli werden. Was mich dort erwartet hat, erfahrt Ihr im nächsten Beitrag, für heute reicht es wieder einmal.


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