Samstag, 28. Februar 2015

Phase 4 - die letzten Tage in Goodyear

Nach den ereignisreichen letzten 2 Wochen folgt hier noch mal ein kurzes Update:

Wie bereits angedeutet, standen für mich letzte und vorletzte Woche die letzten Checkflüge hier in Phoenix für mich im "richtigen" Flieger an. Freitags ging es für mich in den 50er-Checkflug, der mich von Goodyear über Gila Bend in den Südosten von Goodyear führte. Von dort aus sollte es geplant eigentlich nach Coolidge gehen - da jedoch auch wieder Diversions auf dem Programm standen, kam ich dort gar nicht erst an, sondern sollte direkt nach Mesa Gateway fliegen, einem größeren kontrollierten Flughafen im Osten Goodyears. Nach einer Platzrunde dort standen noch einige Manöver an, ehe es zurück nach Goodyear ging. Der Flug lief richtig gut, sodass mein Prüfer mir schon 15 Minuten vor unserer Ankunft in Goodyear das positive Ergebnis verkündete. In diesem Moment fiel endlich die gesamte Anspannung, die sich in den letzten paar Tagen aufgestaut hatte, von mir ab und ich konnte dem Rest des Fluges recht entspannt entgegen blicken. Der 50er-Check gilt hier als der schwerste Checkflug im Rahmen des praktischen Trainings, sodass man mit einem gewissen Respekt daran geht, obwohl es eigentlich nichts Anderes als der 38er-Check ist - bloß die Toleranzen sind alle enger. Diesen Schritt hinter sich zu haben, bedeutet für viele von uns, dass der härteste Part geschafft ist.
Nach dem Wochenende war es dann so weit - der letzte Flug in der Bonanza stand für mich im Rahmen des PPL-Checks an. Zusammen mit einem Kurskollegen ging es für mich nach Marana im Südosten Goodyears, ein wenig nördlich von Tucson Intl. Airport. Während ich auf dem Hinweg noch mit schlechtem Wetter zu kämpfen hatte, welches dazu führte, dass ich meine Landungen zunächst auf einem Flughafen ein wenig nördlich von Marana gemacht habe, konnte mein Kurskollege in strahlendem Sonnenschein zurück nach Goodyear fliegen. In Marana selbst haben wir den Zwischenstopp genutzt, um im Airportrestaurant eine Kleinigkeit zu essen, ehe wir gewechselt haben. Nach dem Abstellen des Motors in Goodyear konnte unser Prüfer uns beiden dann endlich zum bestandenen PPL-Check gratulieren, sodass wir jetzt auch offiziell als Piloten gelten, wenn auch momentan nur für kleinere, einmotorige Maschinen. Dennoch haben wir somit unsere erste offizielle Lizenz erworben, welche es uns nun erlaubt, auch in Deutschland diese Maschinen zu chartern und ein wenig durch die Gegend zu fliegen. Sei es nun über dem Niederrhein oder auf die ein oder andere Nordseeinsel zum Eis essen - hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und ich freue mich schon jetzt auf die ersten Stunden Zuhause im deutschen Luftraum!
Ein wenig Wehmut war natürlich schon dabei, dass das Kapitel Bonanza nun für mich auch vorbei ist - was jedoch bleibt, sind tolle Erinnerungen an die vielen Flüge, die ich mit diesem Flieger machen durfte. Das obligatorische Abschlussfoto nach dem letzten Flug durfte da natürlich nicht fehlen:

  Glücklich und zufrieden nach dem letzten Flug mit der Bonanza

Seit Mittwoch sitze ich nun täglich im Simulator, von einigen auch als "Dunkelkammer" oder "Kammer des Schreckens" tituliert. Dunkelkammer trifft es eigentlich ganz gut, da hier jetzt die letzten 2 Wochen nur noch Instrumentenflug trainiert wird - damit einher geht, dass es keinerlei Sicht nach draußen gibt. Für uns bedeutet dies, dass wir 1:30h nur auf Instrumente und eine weiße Leinwand starren - da war die Zeit im echten Flieger natürlich wesentlich spannender. Aber wie heißt es so schön? "Was muss, das muss!" - in diesem Sinne werden wir auch die letzten paar Tage hier noch irgendwie durchhalten. Nach kurzer Eingewöhnungszeit an die etwas eigenwillige Steuerung des Simulators geht allerdings auch das und mit nur noch 16 Tagen inklusive meines letzten Checks nähert sich die Phoenix-Zeit auch dem Ende. Zum Glück, meinen viele und auch ich freue mich nur noch auf Zuhause - spätestens nach dem 50er-Check fängt man an, die Tage bis zur Heimreise zu zählen.
In diesem Sinne dürfte das auch der vorletzte Post aus den USA sein - der letzte Eintrag folgt dann zum hoffentlich bestandenen Final Check, ehe die Koffer gepackt und die Zelte hier abgebrochen werden.

Montag, 2. Februar 2015

19er? - Checked, 38er? - Checked, 50er? - Approaching!

19er, 38er, 50er - was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Nun, hinter jeder dieser Zahlen verbirgt sich einer unserer Progress-Checks, anders ausgedrückt: jede dieser Zahlen steht für einen Checkflug, den wir im Verlauf unserer praktischen Ausbildung hier bestehen müssen, um im Training weiter Fortschritte machen zu dürfen. Wie bereits im letzten Eintrag angekündigt, stand der erste Progress-Check für einige aus unserem Kurs am 24. Dezember an - pünktlich zu Weihnachten.
Dieser erste Check nach gerade einmal 18 Flugstunden sollte die Solo-Reife von uns überprüfen - kurz gesagt, ob wir auch in der Lage seien, ein Flugzeug alleine in der näheren Umgebung zu führen. Mit der näheren Umgebung sind 3 Trainingsflughäfen gemeint, die alle im Umkreis von 25 Meilen um Goodyear liegen - Buckeye, Mobile und Glendale.
Alles in allem war also die sonst so besinnliche Vorweihnachtszeit eher vom "Prüfungsstress" geprägt, da natürlich jeder von uns sich in die Vorbereitung für den ersten Check gestürzt hat - wollte doch keiner von uns einen Re-Check herausfordern. So kam es, dass einige von uns an Heiligabend morgens früh im Dispatch auf ihre jeweiligen Checkpiloten warteten, mit der Hoffnung nach weiteren 2-3h für den Alleinflug freigegeben zu werden. Nachdem also unser Checkpilot noch einige Fragen zum Flugverlauf und allgemeine Fragen gestellt hatte, ging es für mich auch schon in den Flieger. Zunächst ging es von Goodyear nach Südwesten in eins unserer Trainingsgebiete, wo unter den wachsamen Augen des Checkers einiges an "Airwork" vorgeflogen werden musste - hierzu zählen unter anderem Manöver am unteren Speed-Limit, Steilkurven mit 45 Grad Querneigung, sowie Strömungsabrisse, die sicher überwunden werden mussten. Im Anschluss an diesen Teil standen einige Platzrunden an unserem Trainingsflughafen in Buckeye an, wo unter anderem auch sogenannte Glide-Approaches geflogen wurden. Im Unterschied zu normalen Anflügen wird hier ein steileres Profil geflogen, um die notwendige Geschwindigkeit für den Anflug aufrecht zu erhalten, da wir ohne jeglichen Schub bei diesem Manöver fliegen. Die besondere Herausforderung bei diesem Manöver besteht also darin, Entfernungen, Geschwindigkeiten und natürlich die Reichweite des Flugzeugs sicher und vor allem richtig einzuschätzen, um die Piste überhaupt erreichen zu können. Im ersten Check gilt das Manöver als erfolgreich, wenn wir die Piste erreichen und auf ihr ohne Bremsen vor dem Ende zum Stillstand kommen können. Nach insgesamt drei Platzrunden ging es dann auch schon zurück nach Goodyear, wo mir mein Checkpilot bereits nach der Landung das positive Ergebnis verkündete. Perfekt gelaufen ist der Flug beileibe nicht, aber es war alles im Rahmen, wie man es nach etwa 18 Flugstunden erwarten konnte, sodass ich erschöpft, aber zufrieden die Weihnachtsfeiertage beginnen konnte.
Für den Großteil unseres Kurses ging es noch am selben Tag nach Las Vegas, wo wir die Feiertage verbracht haben. Neben den einschlägigen Attraktionen und Spielhöllen war der Besuch einer Show der Blue Man Group das Highlight der Feiertage dort. Viel zu schnell waren die Feiertage allerdings auch schon wieder vorbei, sodass es wieder zurück nach Goodyear ging - allerdings nicht, ohne auf dem Rückweg noch einen Abstecher zum Hoover-Dam zu machen. Ob sich die Wartezeit, die wir im Stau dorthin verbracht haben, tatsächlich gelohnt hat, lasse ich mal offen - beeindruckend ist der Damm an sich schon, aber ob man dafür 2-3h warten will, muss jeder für sich selbst entscheiden...

Zurück von unserem Roadtrip stand nun das Ereignis vor der Tür, welches für nahezu jeden Piloten auf eine gewisse Art und Weise wegweisend ist - der erste Alleinflug! Bevor ich jedoch ganz alleine abheben durfte, flogen mein Teampartner Julian und ich mit unserem Fluglehrer nach Buckeye, wo sich Mark noch einmal davon überzeugte, dass ich nicht mit dem falschen Fuß aufgestanden war - nach insgesamt 3 Platzrunden gab es dann von rechts ein "whenever you feel ready, take the next exit to the left". Ohne lange zu zögern, entschied ich für mich persönlich, dass es an der Zeit war, diesen Flug in Angriff zu nehmen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, ich übernahm die alleinige Verantwortung für "mein" Flugzeug, meine Rückversicherung, die bisher immer rechts neben mir saß und stets eingreifen konnte, trat den Rückzug an:


 Nach einem kurzen Test seines tragbaren Funkgerätes machte ich mich also auf den Weg zur Startbahn - ein kurzer Blick nach rechts bestätigte mir noch einmal, dass ich tatsächlich alleine war. Nun war ich also auf mich gestellt, mindestens 3 Platzrunden galt es sicher zu absolvieren - die Zeit reichte bei mir sogar für weitere zwei Runden in der Luft, bevor ich wieder zurückkehren musste, mit dem breitesten Grinsen, was ich in dem Moment zustande bringen konnte. Es ist einfach ein unglaubliches Gefühl, bereits nach nur 18 Flugstunden die alleinige Verantwortung für die Maschine übertragen zu bekommen - das erste Mal Schub zu geben ohne Kommentare von der rechten Seite ("Right Rudder!") wird sicherlich niemand von uns so schnell vergessen!

In Folge dessen standen für die nächsten Tage dann einige weitere Alleinflüge an - stets im Wechsel mit sogenannten Cross-Country Flügen, die aus unserer gewohnten Umgebung herausführten. Diese Flüge dauerten stets 2:10h, sodass wir pro Flug etwas mehr als 200 Meilen zurücklegen konnten und auch einmal andere Flughäfen zu Gesicht bekamen. Abgesehen von der Entfernung steigerte sich für uns damit auch die Arbeitsbelastung - alles, was über 50 Meilen entfernt ist, erfordert eine gewissenhafte Flugplanung. Hierzu zählen nicht nur Wetterbedingungen, sondern auch die erforderlichen Kurse, die eingehalten werden müssen, um gewisse Landmarken nach einer gewissen Zeit zu passieren - hinzu kommen natürlich die Gedanken, die man sich machen sollte, wenn man neue, unbekannte Flughäfen anfliegt. Hier ist neben Verkehrsaufkommen, aktuell benutzter Start-/Landebahn und Wetter der Einflug in die Platzrunde mit das Wichtigste, was man sich überlegen sollte. Ebenso gilt es natürlich zu beachten, dass man rechtzeitig mit seiner Anflugvorbereitung, sprich Sinkflug, Anflug-Briefing etc. beginnt, um nicht am Ende völlig unvorbereitet seinen Anflug durchzuführen und sich dann zu wundern, warum gar nichts mehr funktioniert. Wie sich jeder vorstellen kann, waren die ersten paar Flüge ein pures Chaos - zunächst einmal musste sich jeder von uns an die neuen Gegebenheiten gewöhnen, wobei mit jedem Flug mehr und mehr Routine in die Flüge einkehrte. Die wohl größten Herausforderungen kamen wenige Flüge später - sogenannte Diversions. Diversions sind nichts anderes, als Abweichungen von der geplanten Flugroute oder dem geplanten Zielort - Gründe hierfür können neben unerwünschten Wettererscheinungen auch Unwohlsein von Passagieren oder Crew sein und natürlich die Laune des Fluglehrers. Da Diversions einen wichtigen Teil des 38er-Checks ausmachen sollten, wurden diese neben Triebwerksausfällen irgendwo im Nirgendwo bis zum Erbrechen trainiert. Gegen Ende wurden jedoch auch diesem mit einer Routine erledigt, dass jeder von uns mit einem guten Gefühl in den kommenden Checkflug gehen konnte. Hierzu sei gesagt, dass man bloß nicht verzweifeln sollte, wenn es mal nicht so gut läuft und von rechts vielleicht ein "you messed it up!" kommt - auch ich hatte mal so einen Tag und ich kann sagen, dass ich aus genau diesem Tag das Meiste gelernt habe. Aufstehen, weitermachen! Die Steigerungen, die sich innerhalb kürzester Zeit bei einem einstellen, sind wirklich enorm - man sollte bloß niemals aufgeben.
So ging ich mit einem guten Gefühl in meinen 38er-Check, den ich vergangenen Donnerstag absolvierte. Tags zuvor holte ich mir bei meinem Checkpiloten und Teamleiter meine zu planende Route, da im Gegensatz zum vorangegangenen Check dieses Mal eine Route von Seiten des Checkers vorgegeben wurde. Für mich ging es aus Goodyear zunächst nach Mesa-Gateway, anschließend Richtung Süden mit ein wenig Airwork und anschließend als Diversion von einer Position nahe Stanfield nach Gila Bend. Dort wurde neben einer normalen Platzrunde auch wieder wie im ersten Check ein Glide-Approach geflogen. Im Gegensatz zum ersten Check sind natürlich die Kriterien nun nicht mehr die selben gewesen - statt nur die Piste zu treffen und zu stoppen, galt es nun innerhalb der Touchdown-Zone aufzusetzen. Idealerweise sollte man beim 1000-Fuß Punkt aufsetzen - dieser ist durch einen dicken weißen Balken jeweils links und rechts der Mittellinie gekennzeichnet. Nachdem mir auch dies gelungen ist, stand nur noch der Rückweg nach Goodyear an - bereits hier wurde mir das positive Ergebnis unter Vorbehalt verkündet, sollte ich mir keinen groben Schnitzer auf dem Weg nach Hause leisten. Somit fiel auch die restliche Anspannung ab und ich konnte den Rückweg schon fast ein wenig genießen. Mit diesem bestandenen Checkflug geht es fortan für mich auch alleine auf "große Reise" - insgesamt 3 Cross-Country Flüge stehen an, die ohne Fluglehrer geflogen werden sollen. Den ersten davon werde ich morgen im Süden Arizonas verbringen, während ich mir die anderen beiden dann für den Norden aufhebe - vorzugsweise die Gegend um Lake Havasu würde ich noch gerne erkunden, landschaftlich endlich mal was anderes, als nur die trostlose Wüste im Süden. Zusammen mit unserem Fluglehrer haben wir schon mal ein wenig den Norden erkundet, landschaftliches Highlight war hier ganz sicher Sedona mit seinem "Plateau-Flughafen", der fast schon wie ein Flugzeugträger aus der Landschaft ragt - eingerahmt von roten Felsen. Fliegerisch ist dieser Flughafen so ziemlich die größte Herausforderung, die uns hier geboten wird und ich freue mich schon darauf, selbst dort hoffentlich in der kommenden Woche anfliegen zu dürfen, statt nur vom Rücksitz zu beobachten. Allerdings hätte ich dann natürlich nicht die Gelegenheit gehabt, diese beeindruckende Aussicht festzuhalten:


Approaching RWY 03, Sedona


 Pünktlich zum Sonnenaufgang verlassen wir GYR


Phoenix Deer Valley - die erste Etappe unseres Fluges



Final Approach at Payson



Sedona von oben


Neben dem ersten Solo-Cross Country stehen diese Woche auch unsere ersten Nachtflüge an - langweilig wird es fliegerisch also in den kommenden Tagen ganz sicher nicht und auch die Heimreise rückt langsam aber sicher immer näher. 2/3 unserer Zeit hier sind mittlerweile schon rum, in gut 2-3 Wochen kommen dann der 50er-Check und der Lizenzcheck für unseren Privatpilotenschein - die erste richtige Lizenz, die wir im Laufe der Ausbildung erwerben und die uns dazu berechtigt, auch Zuhause dann den Luftraum alleine unsicher zu machen. Warten wir mal ab, was die restliche Zeit hier noch für uns alle bereit hält - zunächst einmal freue ich mich auf Besuch aus der Heimat, der dann in gut zwei Wochen hier vorbeischaut.
Wie immer gilt, wenn es irgendwelche Fragen oder Anregungen zum heutigen Beitrag gibt, nur zu!
Over and out!