Sonntag, 12. August 2012

Runde 1 - Die Berufsgrunduntersuchung

Bereits nach meinem Urlaub lag gegen Mitte August die Bestätigung im Briefkasten, dass meine Bewerbung bei der Lufthansa eingegangen sei. Mit diesem Schreiben begann also für mich praktisch schon die Vorbereitung auf das Auswahlverfahren, da dem Brief die Zugangsdaten für das Coaching-Portal des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt beigelegt waren. Auf dieser Internetseite konnten dann die sogenannten CBTs [Computer Based Trainings], die der Vorbereitung auf die erste Testhürde dienen sollten, heruntergeladen werden. Insgesamt gab es zehn verschiedene Trainingsprogramme, die einen Einblick in die geforderten Anforderungen bei der Berufsgrunduntersuchung geben sollten.

Insgesamt werden im ersten Testabschnitt der Lufthansa folgende Merkmale bei den Bewerbern getestet:

Zum einen sind natürlich die drei Wissensbereiche Mathematik, Physik und Englisch zu nennen. Hier dürfte es wohl jedem Bewerber noch am leichtesten fallen, sich selbst und seine Fähigkeiten bis zu einem gewissen Grad einzuschätzen - gerade, wenn man noch zur Schule geht, wird man sich dort ein relativ gutes Bild von seinen Fähigkeiten machen können. So war es zumindest bei mir: Nachdem ich die Trainingsprogramme zu diesen drei Wissensbereichen bearbeitet hatte, war mir sehr schnell klar, dass ich besonderen Nachholbedarf in Physik hatte - hatte ich beim ersten Durchgang des Programms doch gerade einmal knapp 60% der Fragen korrekt beantworten können. Anders sah das Ganze dann schon bei Mathematik und Englisch aus, hier lagen die Werte im oberen Bereich der 80%-Marke. Vor diesem Hintergrund habe ich dann auch für mich entschieden, dass ich mich komplett auf Physik fokussieren wollte - mit guten Noten und Kenntnissen in den anderen beiden Bereichen habe ich also dort auf eine Vorbereitung quasi verzichtet.

Anders sah das Ganze dann in den anderen Bereichen aus, die getestet werden sollten:

Hier standen zum einen die Konzentrationsfähigkeit und die Mehrfachbelastung der Bewerber auf dem Programm, wobei auch besonderer Wert auf visuelle und akustische Merkfähigkeit, sowie räumliches Vorstellungsvermögen und Wahrnehmungsgeschwindigkeit gelegt wurde. Die Trainingsprogramme an sich sind in der Regel so aufgebaut, dass es verschiedene Schwierigkeitsstufen gibt, wobei in Hamburg in etwa auf dem höchsten Level getestet wird.

Soviel also zu den Trainingsprogrammen an sich - mit den Zugangsdaten begann dann also die Vorbereitungsphase für mich. Zuerst natürlich ganz entspannt und eher zum Spaß, da einige dieser Programme doch durchaus interessant waren - nicht nur zum Training für die Berufsgrunduntersuchung. Wirklich ernsthaft wurde die Vorbereitung dann Mitte September, der endgültige Termin für die Berufsgrunduntersuchung stand fest: Es sollte der 18. November werden, an dem ich zum Test nach Hamburg eingeladen wurde. Knapp zwei Tage nach Erhalt des Termins waren bereits Flug und Hotel gebucht und auch die Beurlaubung von der Schule war genehmigt - eine Vorbereitung ohne Hindernisse konnte an dieser Stelle also beginnen...
Sollte man meinen, oder? Pustekuchen, etwa einen Monat nach der Bewerbung bei der Lufthansa habe ich mir gedacht, dass man sich auch bei der Deutschen Flugsicherung für die Ausbildung zum Fluglotsen bewerben könnte - somit hätte man dann zumindest schon einmal eine Alternative in der Hinterhand. Die Quittung dafür bekam ich eine Woche nach dem Brief der Lufthansa mit meinem Termin für die Berufsgrunduntersuchung: Ich sollte für den ersten Test der DFS [Deutsche Flugsicherung] am 14. und 15. November in Hamburg erscheinen - damit war dann sehr schnell für mich klar, dass dies eine anstrengende Woche werden würde. Erschwerend kam dann hinzu, dass diese Woche die einzige freie Woche zwischen den zwei Klausurphasen der Jahrgangsstufe 13 war - ein Verschieben der Termine kam für mich also nicht in Frage. In diesem Sinne habe ich dann parallel zu den Klausurvorbereitungen die verschiedenen Trainingsprogramme der DFS und der Lufthansa durchgearbeitet, zunächst nur mit mäßigem Erfolg, doch mit der Zeit wurden die erreichten Werte dort auch immer besser. In der Schule selbst habe ich dann noch als Vorbereitung für die Tests in Mathematik, besonders Kopfrechnen, den Taschenrechner einfach mal im Unterricht in der Tasche gelassen und mich so auch durchaus in diesem Bereich noch ein wenig verbessern können.
Nebenbei musste dann noch ein wenig Physik aufgearbeitet werden - hierfür habe ich mir noch "Denksport Physik" angeeignet, sowie ein im Forum kursierendes Physik-Skript durchgearbeitet.

So geschah es dann also, dass ich einen Tag nach den Tests für die Flugsicherung - die übrigens negativ ausfielen - erneut nach Hamburg gereist bin. Bereits im Voraus haben wir uns über Facebook mit ein paar Leuten zusammengefunden, die am selben Tag zum Test antreten sollten, sodass wir uns bereits am Vortag mittags getroffen haben. Gemeinsam sind wir dann noch für den nächsten Tag einkaufen gegangen - durchaus wichtig, denn knapp 10 Stunden mit einer einzigen langen Pause sind schon lange, besonders ohne etwas im Magen... Anschließend sind wir dann noch etwas essen gegangen, bevor es dann auch relativ schnell wieder auf die Hotelzimmer ging, um am nächsten Morgen ausgeruht zu sein.

Jetzt wird's ernst

Gegen 6 Uhr am nächsten Morgen klingelte der Wecker - der Tag war gekommen, an dem man seine Fähigkeiten unter Beweis stellen musste, um einen Schritt weiter in Richtung Pilotenkarriere gehen zu können. Nach einem mehr oder minder ausgiebigen Frühstück ging es dann zum DLR [Deutsches Institut für Luft- und Raumfahrt], der Testbeginn war auf 8:00 Uhr angesetzt. Nach einer kurzen Einführung wurde einer der Bewerber wieder nach Hause geschickt, da eine bestimmte Anzahl an Computern frei bleiben musste, damit im Falle von Computerdefekten Ersatzgeräte zur Verfügung standen. Gegen 8:30 ging es dann endlich mit den eigentlichen Tests los. Nach jeweils zwei Tests folgten zehn Minuten Pause. Im Folgenden sind ein paar der Tests kurz mit einer Erklärung aufgeführt:

VMC [Visuelle Merkfähigkeit]:

Hierbei geht es darum Symbole mit vorhergegangenen Symbolen zu vergleichen und zu sagen, ob diese übereinstimmen. Begonnen wurde damit, das Symbol, welches 2 Symbole zurückliegt, mit dem vorliegenden Symbol zu vergleichen. Nach diesem ersten Durchlauf folgten zwei Durchgänge mit Symbolen, die 3 Symbole zurücklagen, zwei Durchgänge mit Symbolen, die 4 Symbole zurücklagen und ein Durchgang mit Symbolen, die 5 Symbole zurücklagen. Dies war durchaus einer der Tests, der es in sich hatte, gerade bei den letzten Durchgängen wurde häufig nur noch auf die Symbolfarbe und nicht mehr auf das Symbol an sich geachtet. Eine Taktik, die durchaus häufiger großen Anklang findet...


©: Skytest



In diesem Beispiel müsste man also, wenn 4-back gefragt ist, beim letzten Symbol auf "ja" klicken, da das erste und fünfte Symbol übereinstimmen.

TVT [Technik]:

Der erste der beiden Physiktests, wenn auch nicht ganz so theorielastig - hier hatte ich wirklich großen Respekt vor, gerade vor dem Hintergrund, dass bereits in der Vorbereitung Physik mein Sorgenkind war. Dennoch war der Test nicht ganz so schlimm, wie ich es erwartet habe, viele der Aufgaben ließen sich mit logischem Denken lösen, bei einigen war natürlich auch ein gewisses Hintergrundwissen gefragt. Ein technisches Grundverständnis sollte man jedoch mitbringen.

RMS [Akustische Wahrnehmung:]

Hierbei geht es darum, dass man eine Zahlenreihe vorgelesen bekommt, deren Ende man nicht kennt. Reißt die Zahlenkette ab, so muss man so viele Zahlen wie möglich in umgekehrter Reihenfolge im Eingabefeld wiedergeben. Hierzu ein kleines Beispiel:
Zahlenreihe: 123456789 Eingabefeld: 987654321
Zu diesem Test muss man nicht allzu viel sagen, lief gut.

MIC [Mehrfachbelastung]:

Dieser Test ist eine arg vereinfachte Form eines Simulators - ich wusste natürlich, dass dieser Test vorkommt, war jedoch in der Vorbereitung mit anderen Sachen beschäftigt, sodass ich ganz vergessen habe, mir das Vorbereitungsskript, welches vom DLR zur Verfügung gestellt wurde, anzusehen. Dumm gelaufen, aber da musste ich jetzt durch. Vor Ort gibt es jedoch eine ausgiebige Übungsphase, sodass dieser Fauxpas nicht sonderlich ins Gewicht fiel. Es ging darum, verschiedene Parameter, wie Höhe und Geschwindigkeit, auf einem bestimmten Wert zu halten und bei Abweichungen diese zu korrigieren. Nebenbei sollten noch Akustikaufgaben bearbeitet werden und die Abweichungen waren teilweise richtig biestig vom Computer herbeigeführt, sodass man alle Hände voll zu tun hatte. Spaß gemacht hat das Ganze dann im Endeffekt aber trotzdem:


©: Skytest




Es folgten noch zwei verschiedene Tests zu Mathematik, 1x schriftlich, 1x Kopfrechnen, sowie Englisch und ein weiterer Physiktest. Hinzu kamen noch zwei Tests zu räumlichem Vorstellungsvermögen. Hier musste man beispielsweise einen Würfel nach akustischen Ansagen im Kopf drehen, wobei an einer bestimmten Stelle ein Kreuz auf dem Würfel ist. Nach dem Ende der Ansagen sollte man wiedergeben können, an welcher Stelle sich das Kreuz befindet.
Auch diese Tests waren im Prinzip alle gut machbar, es ist bloß wichtig, sich vernünftig vorzubereiten. Besonders die Wissensbereiche haben es teilweise in sich...
Gegen 17.30 Uhr konnten wir dann den Testraum verlassen, die Berufsgrunduntersuchung war an dieser Stelle beendet. Erschöpft, aber zufrieden und mit dem Wissen, dass ich mein Bestes gegeben habe, konnte ich mich dann auch recht froh darüber, dass damit das Lernen vorerst ein Ende hatte, auf den Heimweg machen.

Fakt ist jedoch, dass die Berufsgrunduntersuchung eine wirklich tolle Erfahrung war - unabhängig vom Ausgang lernt man dadurch seine eigenen Stärken und Schwächen in diversen Bereichen richtig gut kennen und einzuschätzen und dem ein oder anderen kann ein solcher Test auch durchaus Spaß machen!

Das Ergebnis dieses ersten Tests ließ nicht allzu lange auf sich warten, 5 Tage später lag der DIN A5 Umschlag im Briefkasten:

"Sie haben die Berufsgrunduntersuchung am 18. November bestanden, herzlichen Glückwunsch!"

Die Freude darüber war natürlich groß, war doch die erste Hürde auf dem Weg zum Piloten gemeistert. Im Folgenden wurden dann diverse Unterlagen - unter anderem ein Auszug vom Kraftfahrtbundesamt - angefordert und in Bremen eingereicht, um einen Termin für die anstehende Firmenqualifikation, die zweite Hürde des Auswahlverfahrens, zu erhalten. Darüber hinaus hatte ich mit der Entscheidung zu kämpfen, ob ich für diese Hürde ein professionelles Vorbereitungsseminar besuchen wollte, oder nicht. Letztendlich habe ich mich für ein solches Seminar entschieden - wie das ganze ablief, warum ich zu dieser Entscheidung gekommen bin und einiges mehr folgt dann im nächsten Beitrag. Für heute reicht es erst einmal wieder!

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