Donnerstag, 29. Mai 2014

Von der Kabine auf die Schulbank

Knapp 1 Monat nach meinem letzten Flug in der Kabine war er da - der große Tag, an dem es mit Koffern und Umzugskartons bepackt nach Bremen ging. Der Tag, auf den wir alle fast 2 Jahre gewartet haben, war nun zum Greifen nahe. In nur zwei Tagen sollte es losgehen, Kursbeginn des 413. Nachwuchsflugzeugführer-Lehrgangs an der LFT in Bremen.
Nach den ersten beiden Tagen, in denen die Einführung durch den Vorgängerkurs, sowie die Ausweisvergabe und einiges an organisatorischen Dingen auf dem Plan standen, folgte noch die Werftbesichtigung, bevor es ab Tag 3 bereits mit dem Unterrichtsstoff los gehen sollte.




Für die ersten 3-4 Wochen steht hauptsächlich der Starter Course mit jeweils 2 Blöcken pro Tag auf dem Plan, mit stets einem weiteren Unterrichtsfach, welches ein wenig Abwechslung zu den Starter Course Themen bieten soll. So hatten wir bisher neben den Grundlagen des Starter Course, zu denen vorrangig Mathematik und Physik gehören, noch ein paar Einheiten zu Electrics, Radio & Instruments (ERI), sowie Human Performances (HP).
Spätestens nach den ersten 30 Minuten im ersten Unterrichtsblock war jedem von uns schnell klar, dass die LFT nicht viel mit einer "normalen" Schule gemeinsam hat. Während in der Schule der Unterricht in der Regel gemächlich vor sich hin plätscherte, wird hier ein Arbeitstempo vorgelegt, welches manch einen erst einmal verunsichert. Jedem, natürlich auch der Lufthansa selber, ist klar, dass es hier weniger ein Problem mit der Tiefe des Unterrichtsstoffes geben wird, sondern vielmehr mit der Masse an Themen, die behandelt werden. Aus diesem Grunde gab es bereits zu Beginn eine Unterrichtseinheit, in der verschiedene Lernmethoden und Ähnliches erläutert und angeboten wurden, um sicherzustellen, dass jeder von uns einen Weg findet, mit der Stoffmenge fertig zu werden. Es wurde sehr schnell klar, dass großer Wert darauf gelegt wird, dass jeder von uns die entsprechenden Lernziele erreicht - sei es nun auf die eine oder andere Lernweise. Fakt ist natürlich auch, dass hier definitiv anders gelernt wird, als in der Schule: Statt "Aufsaugen und nach der Klausur vergessen" wird hier Wert darauf gelegt, dass eben nicht vergessen wird - Wiederholung sämtlicher Themen ist hier für jeden selbstverständlich, da die große Theorieprüfung am Ende sämtlichen Stoff von Tag 1 bis zum Ende abfragt. In der Summe ergibt dies einen Papierstapel von 1m Höhe, der bis nächstes Jahr im September beherrscht werden will.
Ein weiterer Unterschied zur Schule sind die Lehrer an sich: An der Schule sind diese vorrangig Pädagogen, erst dann folgt das "Fach-"Wissen, über welches diese verfügen (sollten) - an der LFT hingegen ist keiner der Dozenten tatsächlich ein Pädagoge. Jeder ist vielmehr Experte für seine jeweilige Fachrichtung. Während wir uns beispielsweise von einem Psychologen in Human Performance die menschlichen Leistungsgrenzen näher bringen lassen, unterrichten Ingenieure in Elektrotechnik, ehemalige Schiffskapitäne bringen uns die Navigation näher und die Meteorologen machen uns mit diversen Wetterphänomenen vertraut. Jeder dieser Lehrer ist mit vollstem Eifer dabei und man merkt, das diese Wissensvermittlung von eigener Begeisterung für das jeweilige Fach geprägt ist - ganz im Gegensatz zu manch einem "klassischen" Lehrer.
Auch, wenn es derzeit und auch in Zukunft natürlich eine Menge an Unterrichtsstoff zu bewältigen gibt, fehlt definitiv zumindest bei mir nicht der Spaß an der Sache. Sehr häufig folgen zur grauen Theorie direkte Anwendungsbeispiele aus der Praxis, die das ganze stets ein wenig anschaulicher und leichter verständlich machen. So kommt es in der Regel nicht vor, dass wir uns bei manchen Themen fragen "Wozu soll das gut sein?", wie es beispielsweise zu Schulzeiten der Fall war. Ich meine, ganz ehrlich - wer hat damals einen Sinn oder Anwendungsbereich aus dem Alltag für irgendwelche Integralrechnungen, Trigonometrie oder Ähnliches gesehen?! - Ich hab' jedenfalls nicht dazu gehört.
Für die nahe Zukunft steht für meinen Kurs nun die Vorbereitung auf den ersten Test, den Starter Course am 16.06. an - anschließend folgen bis zu den ersten Internen im November noch das Funksprechzeugnis, sowie ein Englischzertifikat, bevor es dann Mitte November in die USA gehen wird, wo wir das erste Mal selbst ein Flugzeug steuern werden. Mit diesem Bild vor Augen fällt das Lernen auch gar nicht so schwer - wir alle wissen, warum und wofür wir uns hier befinden und welches Ziel wir haben. Dies zu erreichen gilt es nun und derzeit sind wir eigentlich zumindest für den Starter Course auf gutem Wege.

Zum Abschluss noch ein kleiner Exkurs zu Human Performance:

"Was unterscheidet die LFT von einer "normalen" Schule oder Universität?"

Diese Frage galt es in der ersten Unterrichtseinheit zu beantworten. Die Quintessenz, die wir aus dieser Stunde mitgenommen haben, bezieht sich vor allem darauf, dass hier statt eines Konkurrenzkampfes vielmehr die Kollegialität im Vordergrund steht. Im Gegensatz zur Schule müssen wir uns hier nicht gegenüber anderen, sondern "nur" gegenüber der "Bestehenshürde" behaupten. Keiner muss das Gefühl haben, jemanden ausstechen zu müssen, um im Cockpit zu landen, da wir schließlich alle die Auswahltests bestanden haben. Wir alle verfolgen das selbe Ziel - irgendwann in einem Lufthansa-Cockpit Platz zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen für millionenschweres Gerät und hunderte von Menschen. Dafür werden wir ausgebildet und dafür setzen wir alles daran, um dieses Ziel zu erreichen, denn was sind wir?

Ein Team!

8 Kommentare:

  1. So, nachdem ich fast eine Stunde lang - während meiner "Arbeitszeit", an und in deinem Blog verbracht habe, muss oder vielmehr sollte ich aufhören ... doch damit auch folgendes loswerden:
    Toller Blog, tolle Geschichten, toller junger Mann ... bissle arg plump, aber von Herzen das Beste für dich ... solchen "Piloten" vertraut man gerne in der Luft sein Leben an ...
    Sabine

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke, Sabine - das hört man doch gerne!
      In diesem Sinne wünsche ich noch ein schönes Wochenende - Fortsetzungen folgen natürlich.
      Dominic

      Löschen
  2. Was seid ihr?
    Wie seht ihr aus?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Wir" sind Flugschüler und befinden uns derzeit in der Pilotenschulung bei der Lufthansa Flight Training GmbH in Bremen. Was das Aussehen angeht, weiß ich zwar nicht, was du damit meinst, aber da wir uns noch in der ersten Theoriephase befinden, sind wir alle in Zivilkleidung unterwegs, falls dies deine Frage beantwortet.
      Dominic

      Löschen
    2. Was seid ihr? Ein Team!
      Wie seht ihr aus? Scheiße!

      Löschen
    3. Oh Mann, jetzt hat's auch bei mir "klick" gemacht - dass ich da nicht früher drauf gekommen bin. Chapeau! ;)

      Löschen
  3. Hey Dominic!
    Ich freue mich sehr auf deinen Blog, deine Erfahrungen und Erlebnise und wünsche dir viel Spaß auf deinem Weg zum Traumberuf! :-)

    AntwortenLöschen
  4. Ey muss man als Pilot gut in Englisch sein? Ich hab gehört Pilot hat 3 Punkte im Berufscheck!

    AntwortenLöschen